blutundkaffee

zärtliches brandeisen.

Monat: Dezember, 2012

untitled 42

bäumt sich mein körper auf, versucht mein inneres sich aus mir zu lösen,
sei mir ein käfig.
hörst du die matten worte weißer wut und fluchtgedanken aus meinem munde,
wie ein dumpfes mantra,
so halt mich, fester.
fühlst du den druck, und hitze meines blutes steigen,
fühlst du die schauer, die durch meine fasern jagen,
dränge ich vorwärts und versuche, mich zu wehren gegen deine gegenwart,
so drück mich runter,
sei mir wie ein felsen, schwer und unbezwingbar.
leg dich wie ein bann über mein brennen.
hüll mich in eine zähflüssige leere,
lähme bewegung, lösche worte,
lass mir keine haaresbreite an entscheidungsfreiheit, keinen ausweg.
halt mich,
sei unnachgiebig, stetig,
sei mir in zeiten meiner wilden stürme mehr, als nur ein ebenbürtiger gegner,
sei mir ein meister.
halt mich fest an dich, lass mich geduld erfahren,
lass mich zur ruhe sinken, gib mir den takt vor über deinen tiefen atem,
sei ohne zorn und ohne stolz,
nicht jäger, krieger, oder vater,
ein stilles mahnmal.

und kehre ich von lichterlohem lodern
zurück zu sanftem glühen, so lockere die zügel
und lass aus der umfassung ein umarmen werden,
und ich werde wissen, ob du vermagst, meine gewalt zu zähmen.

nur, wenn du fort von mir willst,
gehe, durch offene schranken, denn ich werde dich nicht halten,
so, wie auch du mich nicht wirst halten können.
denn wilde tiere sind wir in der liebe und im kampf,
in zaum und ketten, brennend,
ohne liebe jedoch nur ein windhauch.

untitled 41

je älter ich werde, desto asymetrischer sehen meine brüste aus. eine ist größer, eine ist kleiner. das war immer schon so, aber ich habe den verdacht, als wäre der unterschied jetzt viel deutlicher, als vor, nun, beispielsweise vor zwei jahren. brüste haben außerdem gezeiten. mal schwellen sie an, dann ebben sie ab, mal zeigen die nippel auf etwas über dem horizont, mal untersuchen sie die schatten auf dem asphalt. sie sind mal wabbelig, mal wubbelig, mal träge, und dann wieder boingiboing. es ist ein verwirrendes eigenleben, das vom mond, oder von hormonen, oder von jahreszeiten oder schlafgewohnheiten motiviert und verzerrt, in wilkürlichen, eiernden bahnen dahinklockert. sie kommunizieren außerdem nicht mit mir, so, wie es nach erzählungen anderer brustbesitzerinnen gang und gäbe wäre. soetwas wie: ‚guck, wir schwellen jetzt pralle an und ziehen, das heißt, du bekommst die periode‘, oder ‚huch, wir sind total berührungsempfindlich, vorsicht, eisprung!‘ – das machen meine brüste nicht. es ist ihnen entweder völlig egal, was der rest des körpers macht, oder aber, sie haben einfach kein taktgefühl. und zu all dem kommt nun dazu, dass sie immer asymetrischer werden. fast so, als wäre die kleinere brust zu faul, um die anschwell-abschwell-rechtslinks-gezeitenparade mitzumachen. wenn die größere auf die barrikaden steigt, schaut die kleinere von weiter hinten gelangweilt zu und ist die erste, die nach hause geht, wenn das theater vorbei ist, die größere suhlt sich unterdes in ruhm und bewunderung seitens der jury (mannhand1 und mannhand2). und so leben sie auf mir. bei weitem keine einträchtigen zwillingsschwestern, zwei individuen, sich in gewohnheiten und manieren immer weiter von einander entfernend. im großen und ganzen (und kleinen) sind sie ja ganz nett, natürlich, man könnte sogar sagen: charmant in ihrer jugendlichen eigensinnigkeit. aber ein bisschen mehr entgegenkommen? bin ich zu kritisch? ich denke doch nur an die zukunft.. hallo? girls? hört ihr mir zu?

untitled 40

irgendwann kommt der augenblick, da die gewissheit dir kein vielleicht mehr lässt und dich – milde bitter, drückend wie ein albtraum – spüren lässt, dass da gerade etwas stirbt; in deinem inneren, oder außerhalb von dir, das allein bleibt dir noch herauszufinden – wenn du es wissen wollen würdest – aber einen unterschied, auch das ist gewiss- macht es nicht mehr, denn das absterben ist wohl unausweichlich, wie das entstehen unausweichlich war.
und, dass es milde bitter schmeckt und sich drückend anfühlt, weil die entscheidung über leben und tod nicht von dir selbst getroffen wurde, das kennst du schon von früher. und, dass es nicht einmal richtig schmerzt, wie ein verlustschmerz schmerzlich ist, sondern dass es einfach nur dumpf ist, dumpf und drückend und milde bitter, wie eine fremdbestimmte entscheidung, das überrascht dich auch nicht mehr.

ein letztes gebet: lass es ganz sterben, einmal nur, lass es rückstandslos verbrennen, lass nichts zurückbleiben, dieses eine mal, der schönen gegenthese wegen. des stolzes wegen, auch.
vielleicht, des stolzes wegen ganz besonders.
aufdass es immer milder werde, dumpfer drückend, mit jedem mal, mit jedem albtraum leichter, mit jedem sterben weniger überraschend.

au revoir, braunauge, bon voyage.